[1894-1949]

Leonid Polovinkin

Leonid Alekseevich Polovinkin (1 Aug. 1894, Kurgan - 8 Feb. 1949, Moskau), russischer Komponist und Pianist.   Als Polovinkin erst zwei Jahre alt war, zog seine Familie von Kurgan, eine kleine Stadt in Siberien, nach Moskau um, wo sein Vater als Eisenbahningenieur arbeitete. Er verschrieb sich bereits in jungen Jahren der Musik (Geige und Klavier).
1918 absolvierte er an der Jurafakultät der Universität von Moskau. Sein gleichzeitiges Musikstudium am Moskauer Konservatorium schloss er 1924 ab. Er blieb aber bis 1926 am Konservatorium verbunden indem er verschiedene zusätzliche Studien (u.a. Musikanalyse) machte.

Anschliessend unterrichtete Polovinkin Orchestrationsunterricht am Konservatorium von Leningrad und war er an der Gründung des 'Monumental'niy Teatr Opery i Baleta', besser bekannt als 'Mamont' (Mammut), beteiligt.
Auch war er vorübergehend Direktor des 'Aleksandrinsiy Theater'.

Ab 1918 hatte Polovinkin eine Klavierkarriere angefangen.
Polovinkin beherrschte mehrere Fremdsprachen die ihn ermöglichten die grossen Klassiker in ihrer ursprünglichen Sprache zu lesen.

1923 formierte er eine Komponistengenossenschaft mit Shebalin, Kryukov und Shirinsky, und ab 1924 war er Sekretär der ASM (Assoziation Zeitgenössischer Komponisten), in der Myaskovsky, Prokofiev, Shebalin, Shostakovitch, Aleksandrov und Mosolov seine Vorstandskollegen waren. Diese Assoziation steuerte zwar keinen avant-gardistischen Kurs, sie waren aber für die Kontakte mit dem Westen verantwortlich wodurch auch viele Musiker und Komponisten aus dem Westen Rusland besuchen konnten.

1927 wurde eines seiner fortschrittlichsten Werke (Prologue) bei einem Gedenkkonzert der Oktoberrevolution (1917) aufgeführt; andere Werke dieses Programms waren von Shostakovich (2. Symphonie), Roslavetz und Mosolov.

Polovinkin war auch beteiligt an einem hochstrebenden Projekt des Bolshoi Theaters (1928/29) : unter dem Titel Chetyre Moskvy (De Vier Moskaus), sollte ein Ballet auf futuristischer Weise die Stadt Moskau darstellen sowie sie in den Jahren 1568 (das Jahr von Iwan der Schreckliche), 1818, 1918 und 2117 wohl ausgesehen hätte. Die Musik zu diesen Szenen sollten Leonid Polovinkin, Anatoly Alexandrov, Dmitri Shostakovich und Alexander Mosolov schreiben. Das Projekt kam aber nie zustande.

In der Musik Polovinkins hört man anfänglich Einflüsse von Skrjabin und sogar Brahms, später aber, in seiner Zeit bei der ASM, wird er von französischer Musik ('Les Six') und von Schönberg beinflusst, sowie von seiner Liebe für den Jazz.
Zwischen 1925 - 1929 wurden etwa 15 seiner Werke von der Wiener Universal Edition im Westen veröffentlicht.


WH

Bibliografie:
Larry Sitsky : Music of the Repressed Russian Avant-Garde, 1900-1929
                     Greenwood Press, 1994