Das Orchester - juni 2005



Homenaje a Revueltas

interpreter: Juan Carlos Tajes (Sprecher), Ebony Band Amsterdam, Ltg. Werner Herbers
Publisher: Channel Classics CCS SA 21104
category: CDs
published in: das Orchester 06/2005, Page 82


Die vorliegende Aufnahme der Ebony Band Amsterdam stellt mit Silvestre Revueltas einen hierzulande bedauerlicherweise fast gänzlich unbekannten Komponisten vor, der 1899 in Mexico geboren wurde und u.a. am Chicago Music College Violine und Komposition studierte. Er hatte sich das Ziel gesetzt, eine eigene kompositorische Sprache auf der Grundlage mexikanischer Folklore zu finden und schuf eine große Zahl von Werken verschiedener Genres. Mit vierzig Jahren starb er an einer Lungenentzündung.
Mich hat gleich das erste orchestrale Stück Sensemayá, geradezu elektrisiert, denn nach einem verhaltenen Anfang springt diese Musik einen förmlich an und versprüht eine ungemein lebhafte und intelligent gearbeitete Musik. Silvestre Revueltas gelingt dabei tatsächlich die glückliche Verschmelzung einer anspruchsvollen, von Strawinsky stark beeinflussten europäischen Tonsprache des 20. Jahrhunderts mit völlig natürlicher, aber kunstvoll eingewobener mexikanischer Folklore. Fünfzehn meist kürzere und im Charakter sehr unterschiedliche und spannende Stücke in stets wechselnden Besetzungen ziehen vorüber.
Die Ebony Band Amsterdam besteht vorwiegend aus Mitgliedern des Concertgebouw Orchesters, und man spürt, dass sich dieses Ensemble von Revueltas’ Musik gerne mitreißen lässt. Besonders herausragend besetzt sind Piccolo, Bassklarinette, Saxofon, die Trompeten, das originelle Kontrafagott oder die Tuba. Doch auch die anderen Bläser und Streicher und auch das virtuose Schlagzeug fügen sich zu einem fabelhaften Gesamtklang zusammen. Für einen Livemitschnitt sind Intonation und Präzision des Zusammenspiels exzellent. Doch liegt leider über weiten Teilen der Aufführung fast so etwas wie ein Schleier; denn besonders dem orchestralen Tutti mangelt es immer wieder an rhythmischer Schärfe und dynamischen Kontrasten, die nicht konsequent, nicht mexikanisch und überschäumend genug herausgespielt wurden. Hier wünschte man sich in der Tat, ein paar Mariachis würden sich darunter mischen…
Das begleitende Booklet ist eher schwach. Die biografischen Notizen sind wenig ergiebig, und die vom Ensembleleiter selbst verfassten Programmerläuterungen – welche zudem noch in einer so wirren Unordnung aufgezählt sind, dass sie während des Hörens eher eine irreführende Wirkung haben – beschreiben Wesen und Gestalt der einzelnen Stücke höchstens ansatzweise.
Die insgesamt 32 Instrumentalisten sind leider nur pauschal angegeben, sodass man ohne Partitur ganz aufs Raten und Erraten angewiesen ist – was ja durchaus auch seinen Reiz haben kann.
Michael Höltzel