[1898-1945]

Norbert von Hannenheim

Norbert von Hannenheim, eigentlich Norbert Wolfgang Stephan Hann von Hannenheim (* 15. Mai 1898 in Hermannstadt, Siebenbürgen; † 29. September 1945 in der Heil- und Pflegeanstalt Obrawalde bei Meseritz), Sohn deutscher Eltern, besuchte in Hermannstadt das deutsche Gymnasium und erhielt privaten Klavierunterricht. Er galt als begabtester Schüler aus dessen Berliner Zeit (1925-1933).
Hannenheim beschäftigte sich schon seit seiner Kindheit mit Musik und komponierte auch gelegentlich als Autodidakt. 1916 sollte er einen Satz einer eigenkomponierten Klaviersonate aufführen, wurde aber zuvor eingezogen. Aus seiner frühen Zeit stammen auch mehrere tonale Vertonungen von Gedichten, die z. T. im Selbstverlag erschienen sind.
In den Jahren 1922/23 ging Hannenheim nach Leipzig und studierte bei Paul Graener. Bei Graener entstanden Kammermusikwerke für verschiedene Besetzungen, Orchesterwerke, je ein Konzert für Violine und für Violoncello mit Kammerorchester, eine Sinfonie für großes Orchester in einem Satz und ein Konzert für großes Orchester. 1925 bekam Hannenheim beim Wettbewerb um den „George-Enescu-Preis 1925“ den „Zweiten Nationalpreis für Komposition“. Bei dem aufgeführten Stück handelte es sich um die erste von sechs in diesem Jahre in Folge komponierten Violinsonaten. Es bleibt auch später ein Charakteristikum von Hannenheims, dass er gerne fast gleichzeitig mehrere Werke für dasselbe Soloinstrument oder Ensemble schrieb.

An Schönberg richtete er ein erfolgreiches Aufnahmegesuch in dessen Meisterklasse. Aber vorher stockte er noch seine Kompositionsausbildung 1928/29 bei Alexander Jemnitz in Budapest weiter auf. An der Akademie der Künste (Berlin) arbeitete er von 1929 bis 1933. Er wurde schnell bekannt. Arnold Schönberg stufte ihn später in den USA als einen seiner besten Schüler ein. Laut einer von Hannenheims Schüler-Kollegen, Erich Schmid, war Hannenheim der einzige dem es vergönnt war Schönberg hemmungslos zu widersprechen.
Anfang der 1930er-Jahre komponierte Hannenheim eine große Anzahl unterschiedlicher Werke. Obwohl seine Werke øofters aufgeführt wurden, war er immer wieder gezwungen, durch Kopieren von Noten und Korrigieren von Druckvorlagen seinen Lebensunterhalt zu sichern. Der Mendelssohn Staatspreis wurde ihm 1932 zugesprochen.
Im selben Jahr erlitt er einen Nervenzusammenbruch, erholte sich aber schnell wieder. Sein „2. Klavierkonzert mit kleinem Orchester“ in einem Satz feierte große Erfolge und wurde über viele (auch internationale) Sender verbreitet.
1933 erhielt er zusammen mit anderen den Emil Hertzka-Preis.
Mit dem Dritten Reich fand seine Karriere ein Ende, es kam nur noch zu wenigen Aufführungen.Eine geplante Aufführung zweier Sätze aus seiner Siebten Symphony durch die Berliner Philharmoniker unter Erich Kleiber, wurden im letzten Moment annuliert.

Aus der Zeit nach dem Ausbruch des Zweiten Weltkrieges ist wenig über Hannenheim bekannt. Im Juli 1944 erlitt er einen schizophrenen Anfall und wurde in die Heil- und Pflegeanstalt Obrawalde eingewiesen.
Nachdem Hannenheim die Unterbringung in der nationalsozialistischen Euthanasieklinik überlebt hatte nach Schätzungen kamen 7000-18.000 Patienten um), verstarb er dort kurz nach Kriegsende laut Totenschein an Herzversagen.

Hannenheim hat ca. 80 Stücke für Gesang und Klavier bei der „Genossenschaft Deutscher Tonsetzer“ angemeldet, mit Texten von Dichtern wie Rainer Maria Rilke, Friedrich Hölderlin, Max Dauthendey, Otto Erich Hartleben, Hermann Hesse, Friedrich Nietzsche, Christian Morgenstern, Rudolf G. Binding, Arno Holz. Von 230 Werken sind heute wieder um die 45 bekannt. Die anderen wurden in den Wirren des Kriegsendes vernichtet, sind verschollen oder von Hannenheim teilweise selbst im Wahn verbrannt worden.

1990, als unsere Recherchen nach Hannenheim einen Anfang namen, waren nur ein Paar Jugendwerke von ihm bekannt. In der Dokumentationsbibliothek von Walter Labhart fanden wir Anfang 1990er Jahre eine Anzahl Lieder, Klavier- und Kammermusikwerke zurück.
Die Ebony Band führte sie in mehreren Konzerten (Amsterdam/Utrecht/Wien) auf.


Lit.: Herbert Henck, Norbert von Hannenheim, Kompost Verlag, 2007, ISBN 978-3-9802341-5-3