[1883-1959]

Josef Matthias Hauer

Josef Mattias Hauer (1883 – 1959), wurde in Wiener Neustadt, als Sohn des Gefängnisaufsehers Matthias Hauer geboren. Ab 1897 besuchte er die Lehrerbildungsanstalt Wiener Neustadt. Dort erhielt er Klavier-, Orgel-, Cello- und Gesangsunterricht, und er beschäftigte sich autodidaktisch mit Musiktheorie.
Nach der Matura wurde er 1902 Volksschullehrer in Krumbach, 1904 in Wiener Neustadt. Nebenbei wirkte er als Organist, Chorleiter und Cellist in einem Streichquartett, und er qualifizierte sich für den Musikunterricht an Gymnasien. 1907 heiratete er Leopoldine Hönig († 1934). Aus der Ehe gingen drei Kinder hervor: Martha, Bruno und Elisabeth.
1914 wurde Hauer zum Militär einberufen. 1915 übersiedelte er nach Wien. 1918 wurde er aus dem Heer entlassen; 1919 schied er krankheitsbedingt aus dem Schuldienst aus. 
1912 hatte er begonnen, aus seinem Prinzip der „Bausteintechnik“ eine eigene Form von Zwölftonmusik zu entwickeln. Sein „Nomos“ op. 19 (August 1919) gilt als die erste Zwölftonkomposition überhaupt, obwohl der Russe Efim Golyshev schon 1914 ein zwölftonartiges Streichtrio geschrieben hatte, an dem aber keine Zwölftontheorie zur Basis lag. Ende 1921 entdeckte Hauer die 44 Tropen („Konstellationsgruppen“, „Wendungen“) und im Jahr 1926 das zwölftönige „Kontinuum“. Gegenüber Arnold Schönbergs Methode der „Komposition mit zwölf nur aufeinander bezogenen Tönen“ fand Hauer mit seinen Theorien jedoch nur wenig Beachtung.
Auch im praktischen Musikbetrieb blieb er ein Außenseiter; nur wenige seiner größeren Werke wurden zu seinen Lebzeiten aufgeführt.

1919 besuchte Hauer eine Ausstellung des Wiener Künstlervereins 'Freie Bewegung'; wo er den Maler Johannes Itten kennenlernte. Sie befreundeten sich an und diskutierten viel über 'das Ordnen von Klänge und Farben'. Während eines Besuchs von Itten, spielte Hauer ihm seine Apokalyptische Phantasie vor. Es bedeutete für Itten eine Offenbahrung, eine apokalyptisches Ereignis, 'als ob Blinde Farben sehen konnten...' (laut ein Zeuge, der Philosoph Ferdinand Ebner). Itten hatte das Gefühl, das Hauer in seinen Kompositionen dasjenige zustande brachte was er auch selber in seinen eigenen Werken anstrebte.  

1930 gewährte die Stadt Wien Hauer eine Ehrenpension. 1935 verbot Goebbels jegliche Aufführung in Deutschland, 1938 wurde ihm die österreichische Pensionszuwendung entzogen, 1939 diffamierte ihn die Wanderausstellung „Entartete Musik“. Hauer war so zur inneren Immigration gezwungen, in der er von seinen Förderern, der Juweliersfamilie Köchert, ausgewählte geistesgeschichtliche Artikel mit Glossen kommentierte und sich neuerlich schöpferisch grundlegend mit dem I Ging befasste.
Viele seiner Werke sind verschollen, viele der erhaltenen Werke sind nicht veröffentlicht.  

wikipedia/WH

Lit.: Herbert Henck : Fürsprache für Hauer. Hermann Heiß und die Hintergründe eines Briefes von Thomas Mann an Ellie Bommersheim im Jahre 1949, Deinstedt: Kompost-Verlag, [September] 1998, 114 S. ISBN 3–9802341–3–4 bzw. ISBN 978-3-9802341-3-9